Dumme Frage

Eine Frage: Angenommen ein Schauspieler, der nicht schauspielern kann, spielt jemanden, der schauspielert, aber nicht schauspielern kann. Wird er seine Rolle gut spielen?

Schreiben (1): Todesurteil

Das Leben zieht sich manchmal hin wie das eines zum Tode Verurteilten, der die Vollstreckung des unausweichlichen Urteils abwarten muss, nachdem das letzte Gnadengesuch abgelehnt wurde. Jeder fühlt sich, als ob er etwas getan hat, welches das Schlimmste bewirken muss. Der Zeitpunkt des Schlimmsten ist ungewiss, man kann jederzeit ertappt werden. Das Schlimmste ist nichts anderes als die Angst vor dem eigenen Tod (nicht der Tod selbst).

Die Gewissheit des eigenen Todes macht unser Leben zu einem ewigen Abschiednehmen. Eine Schriftstellerin sagt einmal, dass alle literarischen Bücher vom Abschied nehmen handeln. Aber warum gibt es kaum ein Buch, das sich schon am Anfang verabschiedet und kein Ende hat. Nur die Fiktion kann das leisten. Sie kann das Schlimmste gleich am Anfang hinter sich bringen, sie kann das Schlimmste überwinden. Die Fiktion kann scheinbar den Tod überwinden.

Abschied am Anfang

Warum steht kein Abschiedsgruß am Anfang eines jeden Buchs, wenn alles – von Geburt an – Abschied ist.

Binsenweisheiten (1)

Wieder: Leben im Aufschub. Man müsste, man müsste vor allem die Satzeinleitung „man müsste“ aus seinem Vokabular streichen. Das Versuchslabor des grübelnden Konjunktivs muss sich in ein handelndes Präsens verwandeln, Träumen muss man zur Wirklichkeit verhelfen. Ewiges Planen führt zum „verplant“ sein. Man sieht im Dickicht des „man müsste“ schließlich nur dann einen Weg der Präsenz, der frei und sichtbar werden kann, wenn man willens ist, die Augen zu öffnen. Wer sich beklagt, dass sein Leben ereignislos ist, muss Ereignisse schaffen, die es erträglicher machen. Eine Binsenweisheit, aber trotzdem ist sie nicht ganz unwahr. Wenn man eine Praktik einfordert, auf eine Handlung wartet, muss man sie eben auch selbst praktizieren.

“Schlechtes Gewissen”

Wenn sich ein Mensch verfolgt vorkommt, dann geschieht das oftmals aufgrund eines „schlechten Gewissens“ gegenüber dem, was ihn verfolgt. Wie viele unserer Handlungen werden durch ein „schlechtes Gewissen“ motiviert? Das „schlechte Gewissen“ ist gleichzeitig Schranke und koextensiver Ausgangspunkt einer Moral mit eigenen Regeln, zwischen Angst und den eigenen normativen Ansprüchen. Der „Sündenfall“, den man einmal gegen sich selbst oder einem anderen begangen hat, als Verfolgungswahn lässt er einen kaum noch los. Sogar die irrationalsten Handlungen lassen sich noch dadurch motivieren – und verschleiern damit die Herkunft ihres eigentlichen Antriebs. Das Schuldigsein ist die allererste Erfahrung des selbstbewussten Menschen, und das vielleicht nicht erst als Folge der Christenmoral. Schuldigsein, Sich-schuldig-Fühlen, bevor jemand den Schuldspruch ausgesprochen hat (außer vielleicht unbewusst man selbst), das ist eine Erfahrung, die man selten nur ausschließlich aus Werken Kafkas kennt.