Reformen, Reformen

Die Neuformation der gesellschaftlichen Verhältnisse, als Reform getarnt, welche in Wahrheit eine Umwälzung und Deformation von Grundrechten und der Prinzipien von Solidarität ist, wird immer mehr veralltagt. Ein unschönes, „unhippes Thema“. Aber auch in den Kanälen, die davon sprechen müssten, wird nicht alles gesendet, geschrieben und gesprochen, was ausgesprochen werden muss. Die Ursache für diese mediale Zurückhaltung ist der Druck und die Angst, bei einem „falschen Wort“ selbst dort anzukommen, wo sich ein Loch öffnet in das man unweigerlich hineinfallen wird, die Spirale, der Riss im System.  Man fällt nicht aus der Gesellschaft heraus, sondern wird vollkommen in diesem Loch eingemauert. Hier ist der Spalt, der im gesellschaftlichen Netzwerk, die äußerste Grenze darstellt. Die Hartz-Gesetze beenden endgültig die Rechte auf Freizügigkeit, Reisefreiheit; führen die Zwangsarbeit wieder ein; machen die Politik zum willfährigen Gehilfen des Großkapitals, beenden das Bankgeheimnis und jedes Geheimnis. Jeder Diskretion, jeder Intimität will man auf die Schliche kommen. Selbst die sozialen Utopien, die man in der Welt des politischen Denkens einmal hatte oder zu wagen hoffte, werden immer unaussprechlicher. Nachdem wir den „weinerlichen Zoni“ nicht mehr ertragen können, lassen wir ihn nicht mehr allein in seiner Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. Es regiert die Angst. Diese Gesetze machen (fast) alle Deutschen endlich gleich: „Deutschland einig Hartz-IV-Land!“

Pessimismus

Der Pessimismus ist eine Lebenshaltung, die uns zeigt, dass alles schlimm enden muss. Er ist dem Optimismus überlegen, weil er nicht versucht, der letzten Konsequenz, dem Tod, auszuweichen. Der Pessimismus gehört wie die Kritik und die Melancholie zur lebendigen, aber auch tödlichen Kunst der Schwarzmalerei.

Experimente

Ein Experiment: Setze dich an einen öffentlichen Ort und schreibe, was Du siehst! Schreibe, fang an zu schreiben!
Woher die Tendenz zur gesprochenen Sprache? Eine Neigung zur Nachlässigkeit?
Was mag im Kopf eines Menschen vorgehen, der sich dazu entschließt, Fahrkartenkontrolleur zu werden?

Frisöre

Als Frisör sollte man den Menschen manchmal einfach nicht die Haare vom Kopf, sondern den Kopf vom Haar abschneiden.
(Dieser Satz zeigt, wie viel Spaß ich am Wortspiel habe, ohne dass es einen Sinn ergeben muss. Es verbirgt wie pseudo-moralisch das Geschriebene ist.)

Nicht schreiben (2)

Ich schreibe nicht, weil ich mich selbst nicht vergessen kann. Weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt bin, ist es mir unmöglich, das Andere zu sehen, ohne das jedes Schreiben zur endlosen Selbstreflexion wird. Das ausschließlich selbstreflexive Schreiben ist langweilig, weil es sich im Kreis dreht. Dieses Schreiben versucht, sich von diesem selbst zu lösen und das Ich, das zu lange am Anfang stand, wieder auszulöschen.
Aber wenn ich das hier schreibe, denke ich doch wieder: Es ist ehrlicher, das Ich wieder in meine Rede einzuführen und alles andere vorerst zu lassen. Es ist besser so, denn dann wissen die Lesenden, dass dort ein Subjekt spricht, ein Subjekt, das nur auf diese Weise zu einem Adressaten sprechen kann, weil es durch die Diskurse so geformt wurde. Das Ich spricht nicht, weil es darum weiß, dass es originell oder einzigartig ist, was es schreibt, sondern darum, weil es weiß, dass es durch das Schreiben ein anderes ist. Das Ich schreibt, weil es um seine Andersartigkeit weiß und weil es nicht möchte, das die Anderen in ihrer Andersartigkeit so sind  wie es selbst. Die Andersartigkeit soll erhalten bleiben. Schon um die Andren nicht mit in das Unglück des Andersseins zu stürzen.