Das Schreiben der Grenze

Das Schreiben der Grenze ist eine Schreibweise, die man gebraucht, damit sich eine innere Ruhe einstellt und man wieder schlafen kann. Mit dem Schreiben zimmert man sich nachträglich das Fundament, den Boden und die Dielen unter ein schwebendes Bett, das jeden Moment abzustürzen droht.

Schreiben heißt dann, sich selbst zu versichern, dass man da ist, dass man bis zu diesem Punkt gekommen ist, dass man einmal dort gewesen ist und nicht mehr zurückkommen wird. Es ist dann ein Augenblick des Erstarrens, des Todes, der das festhält, was nicht mehr aufzuhalten ist.

Perfektionisten

Manche Perfektionisten disziplinieren sich, andere fanatisieren sich.

Hoffnung des Melancholikers

Die Hoffnung des Melancholikers: an das Unmögliche glauben, mit dem Schlimmsten rechnen.

Die Löcher in der Welt

Das Unbeschriebene, Unbekannte erscheint uns wie ein großes offenes Loch, ein Spalt, aus dem das Schreckliche des Todes zu strömen droht. Durch Beschreibung und Bedeutung versuchen wir das Loch zu bändigen, in der Hoffnung, dass die Dichtung, die Pfropfung durch Bezeichnung, hält, sich verfestigt und sich niemals auflöst oder porös wird.

Es kann keine Öffnung (nichts Offenes) sein, die nicht geschlossen sein soll, in die nichts hineingesteckt wird.

Wie seltsam, dass wir ein Loch nur denken können, weil etwas fehlt, etwas sich der Bezeichnung widersetzt. Ein echtes Loch ist dunkel und offenbart nichts von dem, was dahinter steckt, es liegt meist in der Dunkelheit. Der Gedanke an ein Loch kann nur deshalb sein, weil wir annehmen, dass etwas seiner Vollständigkeit, seinem “eigentlichen” Zustand beraubt wurde. Nur wenn wir das mögliche Denken des Menschen eliminieren würden, könnten wir das denken, was dort ist, ohne ihm einen Namen zu geben (“Loch”/”Spalt”). Vielleicht ist diese denkbare Welt ein “Unspalt”, ein “Unriss”, ein “Unloch” in einer Gegenwelt, die nicht positiv ist und die in eine Welt führt, in der alles, was man bezeichnen könnte, die Vorsilbe “Un-” mit sich tragen müsste. Die Bezeichnung von etwas, das nicht da ist und was sich nur erahnen lässt, mit einem “Un-” ist natürlich schon eine Bezeichnung und eine Art des Ausweichens, die es dem bedeutungszuweisenden Denken ermöglicht, sich überhaupt als positives Denken zu konstituieren.

Der Tod

Der Tod eignet sich nicht als Metapher. Wenn ich vom Tod schreibe, ist damit nichts Uneigentliches gemeint. Der Tod beschreibt dann eine reale Auslöschung, ein physisches Verschwinden. Er bezeichnet etwas, das sich nicht wiederherstellen lässt. Dass Schreiben der Versuch sei, dem Tod zu entrinnen, ihn sich vom Hals zu halten, das haben schon viele zuvor gedacht und geschrieben. Wir sterben viele Tode und morden viele Dinge, bevor wir endlich selbst sterben. Schreiben nähert sich den Leerstellen an, die der Tod reißt, aber das Schreiben kann die Leerstellen nicht füllen.