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Michel Foucault: Überwachen und Strafen

 

Überwachen und Strafen

Der Untertitel von Foucaults bekanntestem Buch "Überwachen und Strafen - Die Geburt des Gefängnisses" läßt kaum die Reichweite seiner Analysen erkennen. Hier wird nicht nur die Entstehung der modernen Strafjusitz beschrieben, welche die grausamen Marterrituale des 17. Jahrhunderts ablöst, sondern anhand von reichhaltigem Archivmaterial wird aufgezeigt, wie das moderne Disziplinarsubjekt entsteht. Durch ein ausgeklügeltes System von Kontrolle und Disziplinierung sowie durch die Organisation und die Architektur von Institutionen (z.B. von Schulen, Gefängnissen, Spitälern, Psychiatrien, Klöstern usw.) wird der Mensch so lange normiert, normalisiert und einteilbar gemacht, bis er zu seinem eigenen Überwacher wird. Dieses "panoptische Verfahren" der permanenten Selbstüberwachung, das schon einen Vorläufer in den christlichen Beichtpraktiken hatte, schreibt sich in unsere Körper ein: "Die Seele: Gefängnis des Körpers". Leben wir heute schon in einer Disziplinargesellschaft, in der wir uns selbst zum penibel überwachenden Gefängniswärter machen? Haben wir die wenigen grausamen Marterspektakel gegen ein System der ständigen (Selbst-) Kontrolle und Disziplinierung eingetauscht?

Marc-Christian Jäger